September 2019: Zitat
Dank an Skitterphoto für das Foto.
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Denn die ihn (ehr-)fürchten, haben keinen Mangel.
Psalm 34, 10
Das hört sich doch gut an, entspricht aber oft nicht meiner Erfahrung. Gott versorgt mich mit allem, was ich brauche. Essen, Trinken, Schutz vor Gefahren, ein Dach über dem Kopf, Wärme, Wertschätzung, Liebe, Beziehung?
Zu Essen und zu trinken habe ich genug. Manchmal sogar zu viel. Ich habe auch ein Dach über dem Kopf und in diesem Sommer habe ich mehr als genug Hitze.
Wertschätzung? Ja, die bekomme ich auch, von vielen Seiten und manchmal kann ich darin auch Gott sehen. Beziehung in Form von Freundschaften habe ich auch und das ist super. Ich fühle mich gestärkt und unterstützt. Ich möchte meine Freundschaften nicht missen. Ich weiß, wie viele Menschen es gibt, die nicht mal Freunde haben. Sie sehnen sich so sehr danach, einfach mal jemanden anrufen zu können, mit dem man über den Tag reden kann, ohne ständig Probleme wälzen zu müssen, obwohl sie selbst genug davon haben. Ich bin versorgt. Andere nicht.
Partnerschaftliche Beziehung ist so eine Sache. Wie schön wäre es, nicht für alles allein verantwortlich zu sein, sondern sich die Aufgaben teilen zu können. Sei es beim Einräumen der Spülmaschine oder bei der Entscheidung, was es zu essen gibt. Ich finde die Freiheit als Single gut, aber die Verantwortung, die damit einhergeht, finde ich oft belastend. Ich kann mich ganz ehrlich nicht gut darauf verlassen, dass Gott schon dafür sorgt, dass ich meine Praxismiete bezahlen kann, meine Wohnmiete, meine (teure) Krankenversicherung und was ich sonst noch zum Leben und zur Absicherung brauche. Von Urlaub und anderen Annehmlichkeiten will ich gar nicht sprechen. Ein Partner, der ebenfalls Geld verdient, an mich glaubt, mich anfeuert und unterstützt, wäre da eine große Entlastung. Aber den gibt es nicht. Und wenn ich dann noch eine Kündigung bekomme, dann fällt es mir sehr schwer, darauf zu vertrauen, dass Gott jetzt schon weiß, wie es weitergeht und alles eingefädelt und geplant hat, ich es nur noch nicht sehen kann.
Finanzielle Sicherheit ist so eine Sache. Auf Versorgung zu trauen eine meiner größten Herausforderungen. Wie mag es da den Menschen gehen, die durch Gewalterfahrungen so krank gemacht wurden, dass sie nicht mal mehr arbeiten gehen können?
Was mir bleibt ist, mich daran zu erinnern, dass ich meine Miete immer pünktlich zahlen konnte. Ich erinnere mich, dass ich immer zu essen und eine Krankenversicherung hatte. Und ich sehe, dass Gott sorgt bei den Menschen um mich herum. Ich sehe seine Versorgung, in der Zusage für einen Studienplatz in einer Stadt, in der Freunde bei der Zimmersuche helfen können. Ich sehe, dass er Klienten versorgt, weil doch irgendwoher noch Geld kommt, wenn es knapp wird. Er gibt Freude am Einkochen und das Obst samt Gläser gleich dazu. Seine Versorgung zeigt sich in der Ermutigung durch einen Internetpost oder die liebevollen Worte einer Freundin. Er versorgt mich, wenn er die Sonne scheinen lässt, weil ich mich für ihn aus dem Fenster gelehnt habe. Er stärkt mir den Rücken, er gibt mir die passenden Worte zur rechten Zeit. Er öffnet mein Herz im richtigen Moment. So oft schreibe ich überzeugt: Gott sorgt.
Und im nächsten Moment ringe ich wieder mit dem Zweifel.
Gott gewährt uns Sicherheit unter seinen Flügeln. So heißt es in diesem Psalm. Gott ist gütig und gewährt uns Sicherheit. Aber wie macht er das? Und warum gibt es dann Gewalt auf der Welt und so wenig Schutz für so viele Opfer?
Ein Teil des Schutzes ist, dass wir auf unsere Intuition, den Heilige Geist in uns hören. Das kann uns retten, das habe ich im Alter von 13 Jahren selbst erlebt als ich nach 22 Uhr an einer Bushaltestelle stand und ein Auto mit finsteren Gestalten an mir vorbeifuhr. Nach fünf Minuten kam der Wagen wieder vorbei, langsamer. Ich spürte, dass ich von dort weg musste. Die Alternative war die U-Bahn und die Unterführung, die mir nicht geheuer war und vor der meine Eltern mich gewarnt hatten. Aber dieses Gefühl, dieser Gedanke „Du musst hier weg“ waren so stark, dass ich meine Sporttasche packte und quer über die Straße rannte zur U-Bahnhaltestelle. Als ich dort stand, sah ich den Wagen ein drittes Mal um die Ecke biegen. Diesmal hätte er angehalten und es wäre nicht gut für mich gewesen. Das war mir auch damals schon klar. Es war knapp. Heute weiß ich, dass Gott damals seinen Flügel über mir ausgebreitet und mich in seinen Schutz geholt hat.
Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Psalm 36, 8
Aber was, wenn wir die Stimme des Heiligen Geistes nicht mehr hören oder nicht darauf reagieren können, weil es die eigenen Eltern oder andere Erwachsene sind, die Gewalt ausüben? Als Erwachsene haben wir die Möglichkeit auf unseren Bauch zu hören, auf unsere Intuition. Als Kind können wir trotz einer Warnung nicht immer rechtzeitg flüchten oder finden Menschen, die uns beschützen. Als Erwachsene haben wir andere Möglichkeiten wie zum Beispiel, die Polizei einzuschalten.
Dass manche Menschen Gewalt gegen andere machen, ist das Ergebnis ihres Willens. Sie können jeder Zeit aufhören anderen ihren Willen aufzuzwingen, auch wenn es nicht leicht ist, weil es etwas ist, was auch Täter auf ihrem Lebensweg gelernt haben. Das enthebt sie nicht ihrer Verantwortung für ihr Handeln im Alltag.
Wenn nun ein Mensch früh im Leben Gewalt erlebt, dann kommen oft Schutzmechanismen in Gang, die helfen, den Schmerz und die Gefühle in der Gewalt nicht mehr zu spüren. Aber damit spüren Betroffene dann auch andere wichtige Impulse nicht, zum Beispiel ihre Intuition, die sie weiterhin vor Gewalt warnen möchte. Die Stimme des Heiligen Geistes verschwindet genauso hinter der inneren Wand aus Betäubung und Schutz wie die Person selbst, um Gewalthandlungen überleben zu können. Kinder haben keine andere Wahl und wer mit Gewalt aufwächst hat den Eindruck, auch keine Wahl zu haben, aber das ist eine von vielen Lügen der Täter, die es zu durchbrechen gilt, um zu lernen, dass man sehr wohl für seine Sicherheit sorgen kann.
Als Erwachsene können wir andere Verhaltensmöglichkeiten lernen und haben andere Strategien zur Verfügung, um für unsere Sicherheit zu sorgen.
Kinderseelen kann Gott schützen, indem er sie in den Schatten seine Flügel holt. Ich habe das erlebt, dass Gott jemandem durch die ganze Gewalt hindurch nah war und Gott es nicht zugelassen hat, dass der Glaube an ihn angezweifelt werden kann. Das ist nicht immer so, weil wir einzigartig sind.
Gott versucht den Schutz auch anzubieten und herzustellen, indem er andere Personen ins Feld schickt. Er beauftragt Behördenmitarbeiter und Lehrerinnen, Kinderärzte, Psychologinnen, Nachbarn und andere Personen mit dem Schutz der Kinder. Aber auch da ist die Frage, inwieweit diese Menschen ihre innere Stimme hören, wenn sie den Eindruck haben, mit diesem oder jenem Kind stimmt etwas nicht.
Fragen Sie nach, lieber Leser, liebe Leserin, oder wollen Sie es nicht wahrhaben, weil Sie sich hilflos fühlen und Angst davor haben wegen angeblicher Falschbeschuldigungen Ärger zu bekommen?
Gott bietet seine Flügel zum Schutz an, er möchte uns unterstützen, aber sind wir auch bereit, seine Stimme zu hören und ihm zu folgen? Damit meine ich vor allem uns Helferende. Gott hält seine Hand auch über uns. Wir dürfen darauf vertrauen, dass er die Wahrheit ans Licht bringt und für Gerechtigkeit sorgt, auch wenn das nicht immer so geschieht wie wir es gerne hätten.
Und da bin ich keine Ausnahme. Wenn ich für Gerechtigkeit zu sorgen hätte, würde die Welt anders aussehen. Deswegen ist es gut, dass ich nicht dafür zuständig bin, sondern unser Staat und Gott. Ich wäre wohl genauso ungerecht wie jeder Mensch, einfach, weil ich nicht alles überblicke. Da kann ich nur vertrauen.
Aber wenn Gott mir sagt, steh an dieser Stelle hin, egal, was die anderen denken, dann will ich das mutig tun und auf seinen Schutz vertrauen.