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Schlagwort: Jahreslosung

Barmherzigkeit: Mitgefühl ist gut, herausfordern ist besser

Barmherzigkeit: Mitgefühl ist gut, herausfordern ist besser

Unser erstes Zitat in diesem Jahr ist die Jahreslosung:

Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!

Lukas 6, 36

Das erste Bild, das mir in den Kopf kommt, wenn ich „barmherzig“ denke, ist der barmherzige Mann aus Samarien. Was macht ihn barmherzig? Er sieht das Leid eines Überfallenen am Wegrand, hält an und hilft. Im Gegensatz zu vielen anderen, die den verletzen Mitmenschen einfach haben liegen lassen.

Barmherzigkeit sieht das Leid nicht nur, sondern packt an.

Barmherzigkeit sieht das Leid nicht nur, sondern packt an.
Foto von Sindre Strøm von Pexels

Das kann sehr unangenehm sein. Wunden von jemandem zu versorgen, der mehrere Stunden zusammengeschlagen und blutend am Wegrand lag, ist eine dreckige Angelegenheit. Weit entfernt von Licht, Sauberkeit und Heiligenschein. Barmherzigkeit bedeutet keine Angst davor zu haben, sich schmutzig zu machen oder sich sogar mit etwas anzustecken und trotzdem zu helfen. Barmherziges Handeln öffnet das eigene Herz für die Not des anderen, lässt sich berühren und will deswegen handeln. Barmherzige Menschen haben keine Angst vor dem eigenen Schmerz, wenn es darum geht, anderen in ihrer Not beizustehen.

Am Ende kommt etwas Wunderbares heraus. Ein heilender, glücklicher und veränderter Mensch.

Als Therapeutin bedeutet Barmherzigkeit für mich auch, Umwege zu gehen, raus aus meiner Praxis zu gehen, vor Ort zu sein und eben nicht passiv, sondern ganz aktiv zu helfen. Die schwierigste Aufgabe dabei ist für mich zu erkennen, was kann ich meinem Gegenüber zumuten und was muss ich übernehmen. Wo fordere ich und wo überfordere ich? Das ist eine schmale Linie, die ich in meinem eigenen Leben auch nicht immer gut unterscheiden kann und konnte. Ich arbeite dran. Ich werde besser.

Ohne Eigenverantwortung gibt es keine Heilung

Ohne Eigenverantwortung keine Heilung und keine Freiheit
Photo by Kaboompics .com from Pexels

Vor allem nicht, wenn es um die Folgen von Gewalterfahrungen geht. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Heilung tut weh. Traumaheilung ist unangenehm. Ich finde, das kann man gar nicht oft genug sagen. Es gibt Heilung, für jede und jeden, aber man muss sich jeden Tag wieder neu dazu entscheiden. Wenn man Glück hat – Glück haben die, die sich selbst-verpflichten und nicht aufgeben, – dann findet man die Personen, die einen immer wieder herausfordern. Menschen, die einen anfeuern, sich der Angst zu stellen und sie zu besiegen. Die Angst, die aus traumatischen Erfahrungen entsteht, ist keine kleine Angst. Sie scheint übermächtig alles im Leben zu bestimmen. Es braucht Menschen, die einem helfen, seine Ängste zu erkennen, und die einem dann auch beibringen, wie man mit den Situationen, die einem Angst machen, umgeht.

Angst mache ich mir selbst, wenn ich glaube, ich habe nicht das, was es braucht, um eine bestimmte Situation zu bewältigen.

Angst mache ich mir selbst, wenn ich glaube, ich bin nicht gut genug.
Foto von Pixabay auf Pexels

Dabei geht es oft nur darum, dass meine Gedanken mit mir durchgehen. Mein Hirn hat so viel Phantasie, jeden Tag denkt es sich einen neuen Roman an Unglücken und Herausforderungen aus, die mich daran hindern wollen zu tun, was ich in meinem Herzen spüre. Mein Hirn ist unglaublich. Ihres auch!!

Ich bin froh um die barmherzigen Menschen um mich herum, die mich herausfordern. Ich bin dankbar für die Bücher und Filme, die mir Mut machen, mich meinen Ängsten zu stellen. Und ich bin froh, dass die Zuflucht ein Ort der Ruhe und des Friedens, aber auch der Heilung werden soll, an dem jeder für sich selbst entscheiden kann, wann er oder sie den nächsten Schritt zu mehr Wohlbefinden und mehr Freiheit von Angst machen möchte.

Lassen sie uns barmherzig sein und nicht nur mitfühlen, sondern handeln und Veränderung einfordern, indem wir Mut dazu machen und anfeuern.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein gesegnetes Jahr 2021

Ihre Stefanie Rösch

Frieden jagen – im Kriegsgebiet Deutschland?

Frieden jagen – im Kriegsgebiet Deutschland?

„Lass ab vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach.“ (Psalm 34,15)

So lautet der ganze Vers aus diesem Psalm Davids, in dem er Gott für seine Rettung vor Abimelech lobt. Der Psalm erzählt uns wie Gott mit Recht und Unrecht umgeht und wie Gott zu denen steht, die an ihn glauben und ihr Bestes geben treu zu handeln. In Vers 20 steht sogar:

„Der Gerechte muss viel leiden, aber aus alledem hilft ihm der HERR.“

Selbst wenn wir Gott fürchten und darum bemüht sind, nach seinen Geboten zu leben, wird es Leid und Gefahr geben.

Mal wieder. Irgendwie bietet Gott kein sicheres Leben. Vielmehr hat er uns so geschaffen, dass es keine absolute Sicherheit gibt. Leider gibt es immer ein paar Schafe in Gottes Herde, die zu Wölfen werden und Leid verbreiten. Sie tragen das Böse in die Welt und verbreiten Angst und Verzweiflung.

Den Frieden suchen? Neulich sagte jemand zu mir: „Ich möchte einfach ein langweiliges Leben.“ Das wäre die Definition für Frieden im Leben dieses Menschen gewesen. Wenn man die Geschichte kennt, ist das sehr nachvollziehbar. Einfach mal keine Aufregung, keine Gefahr, kein Stress, keine Alpträume, keine Erinnerungsattacken, keine Angst. Das wären geradezu paradiesische Zustände. Aber so ist weder der Mensch noch das Leben des Einzelnen.

Die Jahreslosung fordert uns auf, den Frieden zu jagen.

Woher kommt das Wort „jagen“? Wikipedia weiß die Antwort: Das Wort Jagd stammt über das mittelhochdeutsche jaget vom althochdeutschen jagōd ab, einer Ableitung vom ebenfalls althochdeutschen Verb jagōn „schnell verfolgen, hetzen, zu fangen oder zu erlegen suchen, eilen“. Ebenso wie andere jagdliche Wortzusammensetzungen mit weid (z. B. -mann oder -gerechtigkeit) hat das Wort Weidwerk die indogermanische Wurzel *uid– mit der Bedeutung „sich Nahrung verschaffen“, die im Laufe der Sprachentwicklung zu althochdeutsch weida, später mittel- und neuhochdeutsch weid wurde.

Wenn wir den Frieden jagen sollen, dann ist wohl der Friede unsere Beute. Eine Beute, die sich uns entziehen will wie ein Hirsch. Es braucht Anstrengung. Es braucht Geduld. Es braucht, dass wir uns mit der Beute vertraut machen, ihre Gewohnheiten kennenlernen, damit wir einen guten Zeitpunkt vorhersehen können, zu dem es sich lohnt, sich auf die Lauer zu legen oder eine entsprechende Falle zu stellen. Auf die Lauer legen oder Fallen stellen? Das kommt darauf an, was wir mit dem Frieden anfangen wollen: Erlegen und an die Wand hängen oder einsperren, umsorgen, zähmen und züchten. Dabei sind wir wenig erfolgreich. Der Frieden ist ein scheues Wild.

Vielleicht geht ja beides nicht mit dem Frieden. Weder das Fangen noch das Erlegen. Möglicherweise will uns David sagen, dass es nur darum geht, es zu versuchen, sich auf den Weg zu machen mit aller Entschlossenheit des Jägers. Zu suchen und zu jagen mit dem Ziel, die Beute zu erhaschen; selbst wenn wir wissen, dass Friede niemals von Dauer sein kann.

Ein weiterer Aspekt des Jagens ist, dass wir es tun, um uns Nahrung zu verschaffen. Sagte Jesus nicht:

Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. (Joh 6,35).

Und steht bei Jesaja 9,5 nicht, dass Jesus unser Friede ist, unser Friedefürst?

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.

Die Jahreslosung erinnert mich daran, dass Jesus zu suchen und zu folgen der Weg zum Frieden ist. Deswegen will ich mich mit aller Entschlossenheit der Jägerin mit dem Wort Gottes beschäftigen. Ich will mich mit aller Geduld mit Jesus vertraut machen und lernen so zu leben wie er. Ich will dem verheißenen Frieden geduldig auflauern. Ich will warten, bis ein Moment des Friedens sich zeigt, um ihn dann zu genießen in dem Wissen, dass er in diesem Leben nicht ewig sein kann. Ich will die Momente des Friedens genießen wie einen Gruß aus der Küche – als Ankündigung des verheißenen Festmahls.

Friedliche Momente zu erleben ist für mich selten ein Problem. Ich lebe in einem Land, in dem ich mich durch das Gesetz und den Staat immer noch geschützt fühlen kann und nicht jeden Tag um mein Leben fürchten muss.

Für die Menschen, für die unsere Zuflucht gedacht ist, sieht das anders aus. Sie leben auch in Deutschland in einem Kriegsgebiet mit Verfolgung, Drohungen, Schlägen, Vergewaltigung, körperlicher und seelischer Folter.

Den Frieden unter Kriegsbedingungen zu jagen, dabei wollen wir helfen.

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