Wo endet die Nächstenliebe?
Dass uns nichts von der Liebe Gottes trennen kann, glaube ich sofort. Auch wenn ich mich vielleicht nicht immer geliebt fühle. Gott ist Gott und wenn er sich entschieden hat, jemanden zu lieben, glaube ich fest, dass es nichts gibt, was ihn davon abhalten kann. Nichts, aber auch gar nichts. Nicht mal, wenn jemand anderen Menschen Leid zufügt, das wir uns nicht vorstellen können.
Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert?
Römer 8,35
Aber wie ist das für mich als Christin und Psychotherapeutin? Wenn ich Jesus nachfolge, wenn ich mich in Nächstenliebe übe, was kann meine Klienten dann von meiner Nächstenliebe trennen?
Werde ich eine Therapie beenden, wenn meine Klienten in Bedrängnis oder Not geraten? Wenn sie mein Honorar nicht mehr bezahlen können? Oder wenn sie verfolgt werden und ich davon erfahren? Macht mir das dann soviel Angst, dass ich die Therapie beende? Oder wenn sie nichts mehr zu Essen haben oder aber die Heizung ausgefallen ist? Kümmert mich das? Oder halt nicht, weil es mich ja nichts angeht? Schließlich bin ich nicht dafür zuständig, wie meine Klienten leben, oder?
Und was ist mit Gefahr? Wenn ich erfahre, dass jemand unmittelbar in Gefahr ist? Bedroht wird? Ziehe ich mich dann zurück, verschließe ich die Augen davor?
Wer weiß schon, wie er sich in solchen Situationen verhalten wird?
Sicher nur der oder die solche Momente schon erlebt hat. Dann kann ich sagen, dass ich nicht weggelaufen bin, dass ich die Therapie nicht beendet habe, dass ich eine Mahlzeit geteilt habe oder auch zwei, einen Heizlüfter verschenkt habe oder auch die Polizei gerufen habe. Erst wenn ich drinstecke in der Situation, werde ich wissen, was in mir steckt. Erst dann kann ich diese Fragen beantworten. Für mich und nur für mich.
Ich glaube, dass es uns heute an der Erkenntnis fehlt, dass Gemeinschaft nur gemeinschaftlich funktioniert.
Arbeitsteilung bringt und nur dann alle voran, wenn jeder sich daran beteiligt. Hunger und Durst werden wir nur besiegen, wenn wir teilen, was wir haben. Not werden wir nur überstehen, wenn wir uns zusammentun.
Leider haben zu viele von uns das vergessen. Und ich schließe mich da gar nicht aus. Sicher teile ich an manchen Stellen oder trete ein, aber eben nicht überall. Es gibt so viel Momente, in denen ich denke, ich sollte jetzt was sagen, aber ich tue es nicht. Weil ich müde bin oder einfach keine Lust mehr auf eine mögliche Auseinandersetzung habe. Ich rede mir das schön, indem ich mir denke: Ich kann die Welt nicht retten und ich kann mich auch nicht für alles zuständig fühlen. Ich glaube tatsächlich, dass das okay ist. Auf der anderen Seite sehe ich so viel Situationen, in denen sich halt niemand zuständig fühlt, niemand Verantwortung übernimmt. Das frustriert mich. Und dann rege ich mich auf, nur um gleich wieder aufzuhören, weil es nichts bringt.
Ich löse das Dilemma für mich, indem ich mich auf meine Gegenwart konzentriere, auf „meine“ Klienten und „meine“ Freunde. Dort versuche ich zu teilen, beizustehen, zu trösten, Mut zuzusprechen und mit offenem Herzen zu lieben. So gut ich das eben kann.
Wenn wir viele sind, die das tun, werden wir die Welt verändern. Machen Sie mit!
Helfen Sie denen, die unser aller Hilfe so sehr brauchen. In Ihrem Umfeld oder durch einen Besuch in unserem Shop.
Ich wünsche Ihnen reichen Segen, Ihre Stefanie Rösch