Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses! Täter schon!
Es gibt Menschen, die nicht lieben, sondern ihr Leben von der Angst steuern lassen. Ich nenne sie Täter und Feiglinge, weil sie ihre Angst durch Gewalt an anderen ausleben, anstatt in Psychotherapie zu gehen oder sich der Justiz zu stellen und dann keine Angst mehr haben zu müssen.
Die Angst, von der ich spreche, ist die Angst davor, entdeckt zu werden. Die Angst ist nicht nur eine Angst davor, dass jemand ihre Straftaten entdeckt, sondern auch, dass wir anderen sehen, wie klein, unbedeutend und ungeliebt sich diese Menschen fühlen tief hinter all der Gewalt verborgen – und doch so offensichtlich.
Das bedeutet nicht, dass wir anderen, die wir keine Gewalt gegen unsere Mitmenschen machen, alle eine reine Weste hätten oder alle ganz selbstbewusst sind. Wir fällen nur andere Entscheidungen. Wir nutzen unseren freien Willen, uns immer wieder an das Gesetz zu halten, auch wenn es manchmal schwerfällt. Wir entscheiden uns immer wieder dafür, unsere Wut im Kino zu lassen oder im Wald oder im Fitnessstudio. Wir gehen in Psychotherapie, um uns unseren Ängsten und uns selbst zu stellen. Wir entscheiden uns immer wieder dafür, den Willen einer anderen Person zu respektieren und ihr nicht unseren Willen – aus Angst vor ??? – aufzuzwingen.
Ein Bild dazu:
Wenn mir jemand sagt, ich möchte keinen Kontakt mehr mit Dir haben, dann werde ich die Person nicht mehr anrufen und ihr keine SMS oder WhatsApp schicken. Ich werde ihr keinen Brief schreiben und keine eMail zusenden. Ich werde sie auf der Straße nicht ansprechen, wenn wir uns zufällig begegnen.
Ich werde nicht bei ihr vorm Haus rumlungern und auch nicht klingeln oder versuchen, mir Zutritt zu verschaffen. Weder am Tag noch in der Nacht.
Ich respektiere, dass sie nicht mit mir reden will. Ich werde sie nicht verfolgen oder entführen. Ich werde sie nicht einsperren oder lebendig begraben, um sie daran zu hindern, sich von mir fern zu halten. Ich werde ihr keine bewusstseinsverändernden Drogen spritzen und ihr sagen, dass sie endlich verrecken soll, damit ich sie nicht mehr sehen muss. Ich werde sie nicht fesseln, damit ich sie vergewaltigen kann. Ich werde mir auch keine Freunde dazu holen, die mir tatkräftig dabei helfen, weil ich allein zu viel Angst vor der Entscheidung dieser einen Person habe.
All das brauche ich nicht zu tun, weil ich den freien Willen des anderen respektiere und ihn oder sie als meinen Nächsten liebe; nicht alle gleich, ich bin unvollkommen und die Menschen sind sehr unterschiedlich, aber ich bemühe mich. Ich kann den anderen gehen lassen, weil es so viele Menschen gibt, die gerne ihre Zeit mit mir verbringen werden.
Natürlich kann ich mich nicht von der anderen Person fernhalten, wenn ich ein Täter bin. Dann habe ich Angst. Ich weiß, dass ich das Gesetz gebrochen habe und ins Gefängnis wandere, wenn ich den Kontakt abreißen lasse und damit rechnen muss, dass die andere Person einer weiteren Person oder womöglich der Polizei von mir erzählt. Das macht mir Angst. Obwohl ich meinem Opfer und mir selbst immer wieder einzureden versucht habe, dass meinem Opfer sowieso niemand glauben wird, glaube ich selber nicht daran. Ich lebe in der Angst entdeckt zu werden und komme aus dem Zyklus der Gewalt nur raus, wenn ich erwischt werde. Zu groß sind meine Angst, die Schuldgefühle und die Scham über all die Grausamkeiten, die ich anderen angetan, mich daran geweidet und mich daran bereichert habe.
Die einzige Erlösung bringt die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Die Erlösung liegt darin Verantwortung zu übernehmen und sich seiner Schuld zu stellen. Es würde bedeuten, dass ich wieder zu mir stehe. Ich hätte eine Chance auf Vergebung. Egal was ich getan habe. Ich wäre wieder frei.
»Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!«
(Galater 5, 14)
All die Gewalt wäre nicht nötig, wenn wir diese eine Regel uns und andere zu lieben befolgen würden. Nur diese eine. Aber ernsthaft. Dann wüsste ich tatsächlich, dass ich wertvoll und liebenswert bin. Vielleicht nicht für jeden Menschen auf diesem schönen Planeten, aber doch für so viele Menschen um mich herum, dass es mir gut geht und ich in Frieden und mit Freude lebe. Anstatt mir vor Angst in die Hose zu machen, weil ich erfolglos versucht habe, jemanden umzubringen und Gott seine Hand über mein Opfer gehalten und rechtzeitig Hilfe geschickt hat.
Die einzige Erlösung bringt die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Ich hätte eine Chance auf Vergebung. Egal was ich getan habe. Ich wäre wieder frei.